Muster-Dienstvereinbarung: Präventionsverfahren rechtssicher regeln

22. August 2024

Das Präventionsverfahren soll bei einer Störung des Arbeitsverhältnisses von schwerbehinderten Menschen durchgeführt werden, um eine Kündigung dieser Beschäftigtengruppe zu verhindern. Damit ist das Präventionsverfahren ein Ausfluss des Ultima-Ratio-Prinzips. Ziel dieser Dienstvereinbarung ist es, sicherzustellen, dass das Verfahren wirklich stattfindet und der Arbeitsplatz schwerbehinderter Menschen so lange wie möglich gewahrt wird.

Wann der Dienstherr auf das Präventionsverfahren verzichten kann

Muster-Dienstvereinbarung zwischen dem Dienstherrn und dem Personalrat zum Präventionsverfahren

§ 1 Zielsetzung

Durch das Präventionsverfahren soll geklärt werden, wie die kündigungsrelevante Störung eines Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Mitarbeiters überwunden werden kann. Eine Kündigung soll dadurch vermieden werden.

§ 2 Geltungsbereich

Die Dienstvereinbarung gilt für alle schwerbehinderten und einem schwerbehinderten gleichgestellten Arbeitnehmer der Dienststelle. Das Verfahren wird durchgeführt, wenn es zu einer verhaltens-, personen- oder betriebsbedingten Störung des Arbeitsverhältnisses kommt.

§ 3 Freiwilligkeit

Das Verfahren ist verpflichtend für den Dienstherrn. Für den Arbeitnehmer ist es freiwillig, trotz Einwilligung kann er das Verfahren jederzeit abbrechen. Ihm dürfen hieraus keinerlei Nachteile entstehen.

§ 4 Verfahrenseinleitung

Wird eine kündigungsrelevante Störung festgestellt, leitet der Dienstherr das Präventionsverfahren ein. Geladen werden

• ein Mitglied des Personalrats,

• die Schwerbehindertenvertretung,

• das Integrationsamt,

• der Amtsarzt und

• der betroffene Arbeitnehmer selbst.

Auf Wunsch des Arbeitnehmers können noch Führungskräfte, Meister oder der unmittelbare Vorgesetzte zum Gespräch geladen werden.

§ 5 Gesprächsführung

Die Gesprächsführung obliegt dem Dienstherrn bzw. dem Amtsarzt. Eruiert werden soll, welche Maßnahmen zur Lösung der Störung getroffen werden können.

§ 6 Protokoll

Das gesamte Präventionsgespräch wird protokolliert. Jeder Teilnehmer erhält ein Exemplar des Protokolls.

§ 7 Maßnahmenkatalog festlegen

Es werden Maßnahmen beschlossen, die zur Abhilfe der Störung führen sollen. Festgelegt wird außerdem, für welchen Zeitraum die Maßnahmen durchgeführt werden sollen. Am Ende dieses Zeitraums wird ein Kontrolltermin festgelegt, zur Erfolgskontrolle. Führen die Maßnahmen nicht zum gewünschten Erfolg, werden weitere Maßnahmen zur Abhilfe beschlossen.

§ 8 Scheitern des Verfahrens

Führen auch die weiteren Maßnahmen nicht zum gewünschten Erfolg, wird nach weiteren milderen Mitteln als einer Kündigung gesucht. Das Scheitern des Präventionsverfahrens entbindet den Dienstherrn nicht vom Zustimmungserfordernis zur Kündigung eines Schwerbehinderten oder gleichgestellten Menschen.

§ 9 Inkrafttreten und Beendigung

Diese Dienstvereinbarung tritt mit Unterzeichnung in Kraft. Diese Dienstvereinbarung kann einseitig durch Kündigung mit einer Frist von 3 Monaten jeweils zum Jahresende oder einvernehmlich durch Aufhebung zu jeder Zeit beendet werden. Sie gilt dann bis zum Inkrafttreten einer entsprechenden neuen Dienstvereinbarung fort.

§ 10 Salvatorische Klausel

Sollten einzelne Bestimmungen dieser Dienstvereinbarung unwirksam sein oder werden, so wird hierdurch die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen dieser Dienstvereinbarung nicht berührt.

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Auch wenn es für Ihren Dienstherrn grundsätzlich besser ist, das Präventionsverfahren durchzuführen, da er diesen Punkt dann auch im Rahmen der Interessenabwägung für sich verbuchen kann, gibt es dennoch Fälle, in denen er das nicht braucht: So hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) geurteilt, dass es des Präventionsverfahrens nur bedarf, wenn dies im Rahmen der Kündigung sinnvoll ist. Steht die Kündigung im Zusammenhang mit der Schwerbehinderung des Beschäftigten, ist dies zu bejahen. Liegt aber ein Kündigungsgrund vor, bei dem ein solcher Zusammenhang gerade nicht besteht, wie etwa bei einer betriebsbedingten Kündigung, besteht für das Präventionsverfahren nach § 84 SGB IX (heute § 167 SGB IX) kein Bedarf (BAG, 7.12.06, Az. 2 AZR 182/06). Der Dienstherr muss also das Präventionsverfahren bei der Kündigung schwerbehinderter Arbeitnehmer nicht zwingend durchführen. Im Zweifel ist aber dazu zu raten, damit ihm das Unterlassen des Präventionsverfahrens bei der Interessenabwägung der Erforderlichkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht negativ angerechnet wird.

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